mit Celtic Spirit, Patrik Thiele, Illuminandi

PeterskircheEin gelungener Abend... - dieses Urteil bleibt hängen, wenn ich an das GC3 zurückdenke.

Aber fangen wir mit dem Anfang an:
Nach einer glatten Autofahrt kamen wir überpünktlich am Ort des Geschehens an. Dies deshalb, weil die Peterskirche wirklich leicht zu finden war, und weil es um die Kirche herum genügend Parkplätze gab. Nervöses um die Ecke fahren und dauerndes Vorstellen der Parkscheibe war daher zum Glück nicht nötig.

Der erste Eindruck der Kirche war beeindruckend: Hohe Türme, malerischer, aber stilvoller Verfall (dem allerdings sukzessive Einhalt geboten wird), ein riesiger - vielleicht schon zu großer - Raum, ansprechende moderne Kunst an den Wänden, ein provokativer Sarg in einer Ecke, einige alte Plastiken daneben - kurz: Ein Raum voller Atmosphäre, der den Bands einen würdigen Rahmen bot. Andy LangDiesen würdigen Rahmen mit Leben zu füllen - dieses Kunststück vollbrachten die Künstler des Abends ausnahmslos. Allerdings auf verschiedene Weise und m.E. leider auch in verschiedener Qualität.

Es begann mit Celtic Spirit, einem von mehreren Konzepten des Bayreuther Pfarrers Andy Lang. Dieser an Harfe und Gitarre geschulte, und mit einer immer ein wenig an Nick Cave erinnernden Stimme, gesegnete Musiker schaffte es tatsächlich, mit seiner dreiköpfigen Band für eine knappe Stunde tiefe, spirituelle und dennoch rockige Musik zu spielen. Eine Musik, die in der Tat keltischen Geist atmete und die von klassischer Liebeslyrik ("Greensleaves") über die heidnischen Merseburger Zaubersprüche bis hin zu biblischen Texten (1.Kor. 13) immer wieder durch ihren Anspruch überraschte. Besonders interessant war dabei für mich, wie es Andy immer wieder gelang, seine mit Flöte und Cello angereicherte Harfen- und Gitarrenmusik so zu arrangieren, daß ein wesentlich vollerer Klang entstand. So war es möglich, im Klang zu baden, in Melodien zu fliegen, zu träumen oder auch Gott anzubeten. Ein wirklich tiefgehendens spirituelles Erlebnis.

Patrik ThieleDies hatte ich bei der anschließenden Dichterlesung von Patrik Thiele leider überhaupt nicht.
Nicht deshalb, weil die Performance schlecht gewesen wäre. Ein einsamer Tisch im Kerzenschein, andächtige Stille im Publikum - es hätte kaum besser in diesem Raum passen können. Auch nicht deshalb, weil die Lesung nicht in den Rahmen gepasst hätte. Im Gegenteil: Die Passung von Performance und Event war hervorragend und ich hoffe, daß dies nicht die letzte Lesung auf einem Gothic Christ war. Trotzdem ging ich ziemlich verärgert von dannen. Nicht aufgrund der Qualität der vorgetragenen Texte. Auch wenn manches Bild schräg und verrutscht war ("der Schweiß, der wie eine aufgeschnittene Orange fließt..."), so hatten die Texte doch eine fast sakrale Aura, die mir mehr als nur gefallen hat. Doch dann der Moment, der in meiner Wahrnehmung alles zerstört hat. Mag sein, daß es daran liegt, daß ich einfach zu viele (schlechte!) Evangelisten erlebt habe. Aber ich mag am Ende einer Rede, einer Predigt, einer Lesung nicht mit den gebrüllten Worten: "Ich frage Dich - wo warst Du?" entlassen werden. Derart suggestive Macht hat eine Wucht, die die sensiblen und ruhigen Gedanken, die vorher zu hören waren, auf einen Schlag entwertet.
Schade eigentlich...

PeterskircheEin Prädikat, das auch ein wenig auf die zweite Band des Abends, Illuminandi, zutrifft. Zwar hatte die mit zwei Streicherinnen, zwei Sängern (einem "normalen" und einem "Grunzer"), Bass, Gitarre und Schlagzeug und einer sehr angenehmen Lichtregie aufgetretene polnische Band alle Trümpfe in der Hand - allein: Das Konzept hätte Raum für mehr geboten. Leider aber war einer der Sänger recht weit in den Hintergrund gemischt, und wie bei vielen Metalbands üblich war es nicht möglich, einmal Ruhe oder eine folkloristische Streichermelodie über die Länge eines Stückes durchzuhalten: Irgendwann knallte immer das Schlagzeug und rumpelte der Bass und zog die Geschwindigkeit an. Insgesamt wäre das Konzept an dieser Stelle sicher noch ausbaufähig gewesen. Denn die Streicherinnen verdienen allerhöchstes Lob und durch ihre hervorragende Arbeit gab es immer wieder ausgefallene und innovative Klänge zu hören. Trotz dieser kritischen Einwände allerdings boten Illuminandi ein sehr gutes Konzert. IlluminandiBesonders beeindruckend fand ich, daß jedes Stück eine sinnvolle und christlich tiefgreifende Einleitung erhielt, die auch dann, wenn man - wie ich - nach Mitternacht des Polnischen nicht mehr ganz mächtig war, den Inhalt der Stücke lebendig werden ließ. Dass die Musik solide und die Performance absolut in Ordnung war, unterstreicht für mich den Eindruck, daß man sich diese Band auf jeden Fall merken sollte. Das Potential zu einer Top-Band ist auf alle Fälle gegeben, und mit ein wenig Arbeit am Konzept wird man noch einiges von Illuminandi hören.

Im Ganzen jedenfalls habe ich einen Abend erlebt, der mir lange im Gedächtnis bleiben wird.
Ein herzlicher Dank gebührt den Veranstaltern - verbunden mit dem Gebet an Gott, dass bei der nächsten Auflage noch weitaus mehr Menschen ihren Weg zum Gothic Christ finden werden.

Text: Heiko Ehrhardt, Juni 2003
Bilder: Daniel Keck