Nichts ist so, wie es scheint...

George MacDonald - Die Prinzessin und Curdie (The Princess and Curdie) Zehn Jahre nach Die Prinzessin und der Kobold entschloss sich George MacDonald, die Geschichte um die kleine Prinzessin Irene und den Bergmannsjungen Curdie fortzusetzen.

Ein paar Jahre sind vergangen, und Curdie und Irene (Letztere lebt jetzt im Schloss ihres Vaters) sind etwas reifer geworden. Curdie arbeitet zwar anfangs immer noch in den Minen, doch erhält er bald einen Auftrag, der ihn auf eine abenteuerliche Reise ins Ungewisse schickt: Diesmal ist er es nämlich, dem die engelsgleiche Urgroßmutter des Königs (die "Herrin des Silbermondes") begegnet. Von ihr wird Curdie nach Gwyntystorm geschickt, in die Stadt, in der sich der königliche Palast befindet. Es steht nämlich schlecht um den König, der krank ist, und dessen Hof sich gegen ihn verschworen hat.

Als Begleiterin auf seiner Reise bekommt Curdie, der von der mysteriösen Herrin gelernt hat, über Äußerlichkeiten hinwegzusehen, Lina - ein häßliches und deformiertes, aber um so treueres hundeähnliches Tier aus der Welt der Kobolde im ersten Teil - an die Seite gestellt. Mit Linas Hilfe wird schnell eine Horde weiterer deformierter wilder Tiere versammelt. Im königlichen Schloss angekommen, sorgt Curdie zunächst dafür, dass der geschwächte König wieder die richtige Medizin bekommt, und treibt anschließend mit dessen Hilfe - und mit Hilfe der wilden Tierhorde - die Schar der Verräter aus dem Palast. Als diese sich allerdings erneut zusammenrotten, stehen ihnen am Ende Curdie und die restlichen Anhänger des Königs in einer alles entscheidenden Schlacht außerhalb der Stadt gegenüber...

In Die Prinzessin und Curdie sind nicht nur die Hauptcharaktere reifer geworden; auch der Erzähler selbst zeigt sich von einer erfahreneren Seite, wie der Leser schnell bemerkt: Bereits das erste Kapitel ist eine Art Essay über das Wasser als zirkulierendes "Blut" der Erde, und das gesamte Buch ist detailverliebt geschrieben und mit philosophischem Gedankengut angereichert. Somit übertrifft dieser zweite und letzte Teil der Geschichte um Irene und Curdie den (seinerseits auch sehr guten) Vorgänger noch in vielfacher Hinsicht. Auffallend sind auch hier wieder die christlichen Motive, die sich im Text befinden: So "reinigt" etwa die christusähnliche Ururgroßmutter Irenes sowohl Curdie als auch den König mit "Rosenfeuer", um sie für die Wahrheit empfänglich zu machen, und der König ernährt sich in seiner Genesungsphase ausschließlich von Brot und Wein, was ebenfalls eindeutig symbolisch auf den Erlöser hindeuten soll.

George MacDonald hat selber einmal geschrieben, dass er seine Märchen (eine Bezeichnung, um die er die deutsche Sprache übrigens beneidet hat) nicht etwa nur für Kinder, sondern für kindliche Gemüter jeden Alters geschrieben habe. In diesem Sinne kann ich jedem, der gerne Märchen liest, dieses sehr schöne Buch uneingeschränkt empfehlen. Den ersten Teil muss man nicht unbedingt gelesen haben, um den zweiten zu verstehen. Über deutsche Übersetzungen kann ich nichts Genaues sagen... Ich selber habe die wiederum schön aufgemachte "Puffin"-Ausgabe des englischen Originals.

Patrick Maiwald, 26. 09. 2005

Eure Meinungen zu diesem Artikel:
hier klicken

=> George-MacDonald.com - eine sehr informative Seite mit Links zu E-Texten
=> George MacDonald - eine Bibliographie

=> George MacDonald - Die Prinzessin und der Kobold (The Princess and the Goblin) (Rezension)
=> George MacDonald - Lilith (Rezension)