Strahlen aus der Asche

Anam Cara Wenn eine ausgewiesene Liveband ins Studio geht und eine CD aufnimmt, steht immer die Frage im Raum, ob die Atmosphäre eines Livekonzerts wirklich im Studio rüberkommt und ob die dann entstandene CD nicht am Ende in Sterilität und/oder schönem Wohlklang stirbt. Wenn dann noch die CD, die da entsteht, die erste, letzte und somit einzige CD einer Band ist, die zu den persönlichen Favoriten gehört, dann ist doppelte Sorgfalt geboten. Denn der Wehmut über den Abschied sollte nicht in der Form auf die Beurteilung einwirken, dass das Werk aus reiner Sympathie über den grünen Klee gelobt wird. Insofern war ich neugierig, traurig und kritisch zugleich, als ich vor einigen Wochen die erste und einzige CD von Andy Langs Band "Anam Cara" erhielt.

Zunächst einmal macht sich doppelte Enttäuschung breit: Gerade einmal 38 Minuten dauert diese CD – eine Spielzeit, die selbst zu Zeiten der guten alten Vinyl-LP unterdurchschnittlich war.

Zwar gibt es auf der CD noch zwei – per PC oder Mac abzuspielende – Videos, die von Jochen Schobert (Etage Music, Ex-Artwork-Gitarrist) in einer Kirche (Welcher? – das Booklet schweigt sich allzu oft aus) durchaus stilvoll umgesetzt wurden. Da es sich bei diesen beiden Videos aber um Stücke handelt, die auf der CD bereits enthalten sind, und da die Videos außer einer wirklich guten Feuertänzerin und viel Atmosphäre nichts Neues beitragen, bleibt es bei 9 Stücken mit 38 Minuten Spielzeit.

Und das erste Stück, das lapidar "Opening Song" heißt, kommt mir wie ein Füllsel vor. Es ist langweilig und plätschert so dahin.

Dann allerdings entspinnt sich eine CD, wie ich selten eine gehört habe, eine CD, die ruhig doppelt so lang sein dürfte - und die trotzdem zu keiner Minute langweilig wäre. Ob schnelles Instrumental, das von einem meisterhaft gespielten Akkordeon zusammen gehalten wird ("Road To Listenvarna") oder langsames Flötenstück ("Lonesome Boatman" – eines der Stücke, die die Haare auf den Armen aufrichten und Tränen in die Augen drücken lässt), ob Traditional ("Rough Guide") oder Gebet ("Be Thou My Vision"), ob Bergpredigt ("The Blessings") oder Psalm ("Psalm 23") – Cordula Schiller (Flöte und Gesang), Bolle Piton (Akkordeon) und Andy Lang (Gitarre, Harfe und Gesang) schaffen es, das Evangelium zum klingen zu bringen und dabei noch bestens zu unterhalten.

Dass es in allem um den einen Gott und Vater geht, machen die Texte in eindrücklicher Weise deutlich. Fernab von ausgetretenen Anbetungspfaden schaffen es Anam Cara, dem Begriff "Celtic Praise" buntes, vielfältiges, anspruchsvolles Leben einzuhauchen.

Unter dem Strich eine der CDs, die jeder, dessen Herz für Irland schlägt, haben sollte.

Schade nur, dass sich Anam Cara mit dieser CD aufgelöst haben. Doch die Musik überstrahlt die Asche eindrucksvoll.

Und wer nicht weiß, wie er an die CD kommen soll, klicke einfach unten auf den Link zur Bandhomepage.

Heiko Ehrhardt, 17. 08. 2006

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